Dampflokzeit in Oberfranken

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Spähfahrt an die Schiefe Ebene (19.03.1969)

Kaum war der 1891 (212 378-4 mit Wendezug) in Neuenmarkt eingefahren, als wir drei vom Pfiff-Klub Köf auch schon zum Bahnhof hinausstürmten und in Richtung Schiefe Ebene am Bahndamm entlang eilten. Obwohl wir gleich den richtigen Weg fanden, sahen wir den E 510 (Zuglok 001 230-2 mit M. Meister als Lokführer und Schneisen als Heizer) nur am Fuße der Steilrampe. Der D 546 kam mit rauschenden Bremsen aus Richtung Marktschorgast herunter, als wir auf unserem Einmarsch kurz hinter der Autoüberführung angelangt waren. Endlich hatten wir unser Ziel, eine aufgelöste Blockstelle, erreicht. Laut Angaben von Lokführer H. Meister sollte in ihrer Umgebung ein Schild mit ihrem Namen liegen. Vergeblich suchten wir danach, wurden aber durch günstige Gelegenheiten zum Fotografieren von Zügen entschädigt. Der 1868 mit der 50 2694, der 1869 mit der 052 406-6 und der E873 mit der 01 181 wurden ebenso wie die vorhin schon erwähnten Züge fotografiert. Nach dem E 873 liefen wir wieder nach Neuenmarkt zurück. Dort sahen wir zuerst von einer Brücke aus beim Rangieren zu (260 110-2 mit Lokführer Erich) und gingen dann auf den Bahnhof.
Kurz vor dem E575 fuhr die Sensation des Tages ein: 220 038-4, eine V200 mit Mittelpufferkupplung. Ihr Zug bestand aus einem Schnellzugwagen 1. Klasse, einem Wagen der Versuchsanstalt Minden, sowie acht 4-achsigen französischen Rungenwagen, die auch alle mit Mittelpufferkupplung ausgestattet waren.
Leider war mein Film schon voll, dafür machte Peter ein paar Aufnahmen. Nachdem sich die V200 ans andere Ende des Zugs gesetzt hatte und der Zug ein paar mal getrennt und wieder gekuppelt worden war, verließ er den Bahnhof wieder in Richtung Marktschorgast. Der 1870 (212 378-4 mit Wendezug) war schon inzwischen bereitgestellt worden und so stiegen wir nun ein und kurz darauf ging es wieder ab in Richtung Mainleus.

Die Spähfahrt nach Schweinfurt

Am 29. August 1968 brachen wir um 5.10 Uhr in bester Stimmung mit einer Tasche voll Proviant und mit Fotoapparat und Notizblock bewaffnet zum Mainleuser Bahnhof auf. Obwohl es leicht regnete, hatten wir nur das Hemd am Leib, denn wir rechneten damit, dass es wieder so warm wie am Tag zuvor werden würde. Der Beamte am Fahrkartenschalter, der uns natürlich kannte, war nicht schlecht erstaunt, als ich „zweimal Schweinfurt Hbf und zurück“ verlangte (für Hans und mich, Peter sollte bereits im Zug sitzen). Der Preis war keine Überraschung, denn ich hatte die Fahrkosten natürlich vorher genauestens mit Hilfe des Kursbuchs errechnet.

Als der Zug – wie erwartet ein Vt24 – einfuhr, sah Peter wie vereinbart aus dem Fenster. Das Abteil war fast leer und so konnten wir es uns, ohne Rücksicht auf andere nehmen zu müssen, gemütlich machen. Pünktlich kam der Vt24 645/VM 24 631/Vt 24 646, der den 1884 bildete, um 5.50 Uhr in Lichtenfels an, wo wir um 5.54 Uhr mit dem E 4020 weiter fuhren. Dieser Eilzug war an jenem Tag mit der 110 002-3 bespannt. Um 6.15 Uhr kamen wir fahrplanmäßig in Bamberg an.
Da wir erst um 7.17 Uhr mit dem 1818 weiter fuhren, hatten wir genügend Zeit, uns auf dem Bamberger Bahnhof umzusehen. Wir hatten sofort den besten Eindruck und gute Lust, in Bamberg zu bleiben.
Wenn wir gewusst hätten, was uns in Schweinfurt erwartete!
Jedenfalls saßen wir um 7.17 Uhr im 624 640-9 (+ 924 428-6 / 624 635-1), der den 1819 darstellte und sahen den Bahnhof Bamberg entschwinden. Als unser Zug um 8.12 Uhr den Bahnhof Schweinfurt Stadt verließ, waren wir alle schon ganz aufgeregt. Was würde uns am Hauptbahnhof erwarten?
Auf irgendeinem Gleis musste ein Personenzug nach Kitzingen-Etwashausen stehen. Wahrscheinlich mit einer Tenderlok bespannt. Da hieß es aufpassen! Pfeifendeckel! 053 011-3 war die uns wohlbekannte Nummer. Doch diese kleine Enttäuschung verschwand sofort, als wir gegenüber vom Bahnhof das Bahnbetriebswerk sahen. Da standen die Dampflokomotiven Schlange!
„Auf zu neuen Abenteuern!“, konnte ich da nur sagen und schon waren wir auf dem Weg zu diesem „Dampflokparadies“. nach einigem Suchen entdeckten wir schließlich einen Zugang und erst musste ich zweimal fragen, bis wir die Lokleitung fanden. Dort wartete abermals eine Enttäuschung auf uns. Der Beamte sagte, er könne es nicht verantworten, uns führerlos in den Lokschuppen gehen zu lassen. Aber wir waren schon zufrieden mit der Erlaubnis, uns all die Lokomotiven betrachten zu dürfen, die neben dem Lokschuppen im Halbkreis um eine andere Drehscheibe standen. Die ersten Loks waren zwei ausgemusterte 86er Ihnen folgten zwei „eingemottete“ 44er, die wir auch schon auf unserer Strecke gesehen hatten. Als wir bei einer ausgemusterten 78er angelangt waren, öffnete sich bei einem anderen Gebäude ein Fenster. Ein freundlicher Beamte tauchte auf und fragte: „Ihr seid wohl vom Pfiff-Klub? Habt ihr denn die Erlaubnis von der Lokleitung?“
Als wir bejahten, meinte er: „Wartet mal einen Augenblick, es kommt gleich jemand runter, der euch das Bw zeigt.“
Wir ahnten noch nicht, wie nützlich uns dieser Führer sein konnte.
nach kurzer Zeit kam ein Mann mit einem grauen Arbeitsmantel auf uns zu. Er hatte noch einen Lehrling bei sich, dem er während des Rundgangs alles Mögliche an den Lokomotiven erklärte, was wir alles schon wussten. Jedenfalls fragte uns der Mann gleich am Anfang, ob wir wohl die 98er sehen wollten. – Und ob wir das wollten!
„Tja“, meinte er, „die angefeuerte steht im Schuppen, da könnt ihr dann höchstens die ausgemusterte dort hinten fotografieren.“
Da stand also eine ausgemusterte 98er. Das beschleunigte unsere Schritte. Der vorhin erwähnten ausgemusterten 78er folgte die „eingemottete“ 051 359-8. Neben ihr stand noch die 051 619-5 und hinter dieser sahen wir das grausamste Werk des „Ausmusterungsgespenstes“: Eine ausgemusterte 50er ohne Tender. Ein eigenartiger Anblick. Die Nummer stand noch am Führerhaus. Herrgott! 50 2910. Die gute alte 2910. Deshalb hatten wir an unserer Strecke die ganze Zeit vergeblich nach ihr gespäht. Dann kam schließlich die kleine 98er. Ebenso wie die 50er stand sie ohne Triebstangen da. Für einen Dampflokfan ein herzzerreißender Anblick!
Ich glaube wir waren einer Meinung: so etwas gehört in ein Museum!
nachdem wir alles genau betrachtet hatten (sattsehen kann man sich sowieso nie), gingen wir mit unserem Führer weiter. Wo steuerte der drauf zu? Geradezu auf den Lokschuppen. Aus dem Tor, das er öffnete, schlug uns ein Geruch von Rauch und heißem Öl entgegen. Echte Dampflokatmosphäre! Was es da alles zu sehen gab! 78er, 86er, 50er 44er und mittendrin: die „lebende“ 98er!
Peter und ich riskierten trotz der Dunkelheit eine Aufnahme. Vor dem Schuppen trafen wir zwei andere Eisenbahnfreunde, wahrscheinlich aber nicht vom Pfiff-Klub, denn ich schätzte den eine auf etwa 25, den anderen auf 18 Jahre.
Jetzt merkten wir, was unser Führer für ein feiner Kerl war. Er veranlasste, dass die 98er aus dem Schuppen gefahren wurde. Nun konnten wir nach Herzenslust fotografieren. Und wir machten natürlich auch Gebrauch davon, den ich glaubte kaum, dass wir jemals wieder ein 98er sehen würden.

Nach einiger Zeit trollten wir uns wieder aus dem Lokschuppen, bedankten uns für die Führung und gingen, da es erst 9.45 Uhr war, noch einmal zur anderen Drehscheibe. Schon das erste Mal hatten wir von hieraus viel weiter hinten eine andere ausgemusterte 50er gesehen.
Jetzt reizte es uns, von dieser Lok die Nummer zu erfahren. nach einigem Zögern machten wir uns auf den Weg. Und es lohnte sich. 50 2424 war die Nummer. Auch diese Lok musste also dem Schienendienst den Rücken kehren. Wieder eine weniger.

Um 11 Uhr meldeten wir uns bei der Lokleitung ab und gingen rüber zum Bahnhof. Dort fuhr wenige Minuten später der E532 mit einer V200 ein. Aber danach war überhaupt nichts mehr los. Über eine Stunde kam kein Personenzug. Nur Güterzüge fuhren laufend ein und aus. Aber alle mit bekannten Lokomotiven.
Da machte ich Hans und Peter folgenden Vorschlag: „Wisst ihr was, wir fahren mit dem nächsten Personenzug nach Bamberg und stürmen dort auch noch das Bw.“
Hans war nicht Recht dafür. Aber als er sah, dass nach Kitzingen-Etwashausen nur 50er fuhren, willigte er auch ein. So fuhren wir um 13.14 Uhr mit dem 1804 (bespannt mit der 211 200-1) nach Bamberg.

da dort gerade nicht viel los war, brachen wir sofort zum Bw auf.
Peter wusste den Weg, so dass wir nicht lange suchen mussten. Umso länger mussten wir wieder suchen, bis wir die Lokleitung fanden. Dort hatten wir aber von Anfang an einen besseren Eindruck als in Schweinfurt. Der Lokleiter war überaus freundlich und rief sofort einen jungen Lokführer herbei, der uns herumführen sollte. Bis der kam, konnten wir uns ein wenig in der Lokleitung umsehen. Und was sahen wir da direkt hinter unserem Rücken? Die Schlüssel sämtlicher Lokomotiven des Bws und daneben jeweils ein Schildchen mit der Nummer. Die ideale Bw-Liste! Hans schrieb so schnell er konnte, wurde aber längst nicht fertig. Auf den schlauen Einfall, dass auch Peter und ich Notizen hätten machen können, kamen wir nicht.

Jedenfalls folgten wir kurze Zeit später unserem Führer in die Lokschuppen. Zuerst besichtigten wir eine V80. Bereitwillig wurde uns alles erklärt und gezeigt. Als nächstes nahmen wir eine alte Köf, die gerade generalüberholt wurde, unter die Lupe. Ihr folgte ein V198 und diesem eine V60. Überall konnten wir alles bestaunen und auf den Lokomotiven herum klettern. Bevor wir zum Ellok-Schuppen gingen, kletterten wir nocha uf eine 50er (052 966-9). Ein besonderes Erlebnis! Ich hätte übrigens nie gedacht, dass auf dem Führerstand einer Dampflok eine derartige Hitze herrscht. Hans und Peter fotografierte ich schnell mal als Lokführer und Heizer. Dann gingen wir zu den Elektrolokomotiven. Auf dem Führerstand einer E40 kannte sich unser junger Führer besonders gut aus. Wie wir erfuhren, war er nämlich speziell für Elloks ausgebildet.
Nachdem wir den Schuppen verlassen hatten, fragte er uns, ob wir sonst noch was sehen wollten.
Wir hatten vom Zug aus irgendwo im Bw zwei alte Tender gesehen , die uns natürlich interessierten. Auch zu diesen durften wir noch. Es waren ein Kasten- und ein Wannentender einer P8. Am Wannentender war noch zu lesen: 38 2730. Nach einer gründlichen Untersuchung mussten wir uns auch davon trennen. Wir bedankten uns recht herzlich und verließen das Bw. Wo gingen drei echte Eisenbahnfanatiker dann wieder hin? In die Erfrischungsbar? Sense! Auf den Bahnhof natürlich! Dort war jetzt ein reger Betrieb. Ein Zug nach dem anderen fuhr aus und ein und wir hatten fast Mühe, alle zu kriegen.

Um 19.38 Uhr brachte die 220 015-2 den E 875. Wir stiegen ein und beobachteten, wie die 118 048-8 unseren Zug übernahm. Planmäßig um 19.46 Uhr sahen wir ein letztes Mal den Bahnhof Bamberg, bevor unsere E 18 mit einem Höllentempo den Eilzug Richtung Lichtenfels zog.
Um 20.07 Uhr kamen wir dort an, wo abermals Lokwechsel stattfand. Es war bereits stockdunkel, so dass wir nicht einmal die Nummer einer Lok auf einem anderen Gleis erkannten. 01 213 war die Lok, die unseren Zug um 20.17 Uhr mit gewaltigen Dampfstößen aus dem Bahnhof beförderte. Hans und ich mussten uns bereits in Burgkunstadt von Peter verabschieden, denn der E873 hielt in Mainleus natürlich nicht..
In Burgkunstadt sahen wir die Köf 6579 vor einem Üb, so dass die an und für sich kurze Wartezeit im Nu vorbei war. Um 20.40 Uhr brachte uns der Vt24 651 (+ VM24 622 / Vt24 652) nach Mainleus. Das größte und schönste Erlebnis aller Zeiten war zu Ende gegangen.

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