Dampflokzeit in Oberfranken

Schlagwort: Crailsheim

Single-Spähfahrt nach Schwäbisch Hall, Heilbronn und Lauda

Dass man eine Spähfahrt nicht alleine antreten sollte, merkte ich bereits, als ich am Morgen des 22.03.1973 erwachte und mich mein Wecker in einem stumpfen Winkel von fast 6 Uhr angrinste. Ich hätte ihn vor Wut beinahe an die Wand geschmissen, denn der Zug, mit dem ich die Fahrt anzutreten gedacht, musste um diese Zeit ungefähr im Bahnhof Lichtenfels einfahren. Was nun sprach Kuhn. (Testperson bleibt zunächst stehen und grübelt darüber nach, was … ). Eine kurze Kursbuchstudie ergab, dass sich die Fahrt auch mit zwei Stunden Verspätung noch auszahlen musste. Unaufhörlich leise fluchend (das erleichtert!) machte ich mich startklar und knallte gegen 6:50 Uhr die Haustüre hinter mir zu. Immerhin hatte ich mit der Manier bis Lichtenfels eine Dampflok am Zug (053 087). Dort trieb sich, zu meiner Verwunderung die 221 107 des Bw Kempten an einem Messzug herum. Die verhinderte Schnellfahrlok 110 299 zog den E 1913, mit dem ich wenig später Richtung Nürnberg kutschierte.

In Bamberg bekam ich zwischen zwei Güterwagen hindurch die 151 001 zu Gesicht, die sich mit einem Messzug hier herumtrieb (dies wäre vielleicht nicht der Fall gewesen, wenn ich früher gefahren wäre).
Der Anschluss in Nürnberg haute natürlich hin.
In Ansbach dampfte es auch schon wieder. 050 856 und 051 954 warteten vor zwei Güterzügen auf Ausfahrt.
Crailsheim machte bei meiner Ankunft einen recht tristen Eindruck. Der Rangierdienst, den bei unserem letzten Besuch noch eine 023 besorgt hatte, erledigten nun zwei 260. Meinen Anschlusszug nach Schwäbisch Hall hatte sich 215 059 geschnappt.

044 480-3 + 051 415-8 im Bw Crailsheim

044 480-3 + 051 415-8 im Bw Crailsheim

Lediglich vom Bw Crailsheim stiegen Rauchschwaden auf. Leider hatte ich keine Zeit zu einem Besuch desselben, da ich einen Schwerpunkt auf Streckenaufnahmen gesetzt hatte. Deshalb schloss ich nur zwei Aufnahmen vom Zug aus, als wir das Bw passierten.

In Schwäbisch Hall stieg ich aus.
Frage: Was hatte ich eigentlich in Schwäbisch Hall verloren?
Ganz einfach: aus zuverlässiger Quelle wusste ich, dass auf der Strecke Crailsheim – Heilbronn eine beträchtliche Anzahl Güterzüge in Dampfdoppeltraktion gefahren wurden.
Der erste war mir bereits kurz vor Schwäbisch Hall begegnet.
Ich stiefelte los – an die unmittelbar hinter Schwäbisch Hall beginnende Steigung. Dort suchte ich mir eine günstige Stelle, um den P 3765 aus Backnang abzuwarten. Mit zehn Minuten Verspätung rauschte er gegen 12 Uhr von „oben runter“. Die 023 031 zog mit Tender voraus. Da der Zug in SH endete, kam sie bereits um 12:25 Uhr wieder herauf gedonnert.

023 031-8 vor P 3725 bei Schwäbisch Hal

023 031-8 vor P 3725 bei Schwäbisch Hall

Zuvor war übrigens die 215 005 mit einem 98x-igen Güterzug in Richtung SHA gerauscht, dass mir die Ohren schlackerten. Schleierhaft, wie sie das schaffte, wo sich auch noch auf einem Wagen die 323 623 breit machte. Naja – hatte eben Anlauf genommen.

Dass hin und wieder auch 795 aber einmal eine 212 meinen Standort passierten, ist nebensächlich. Wichtiger war wieder die 023 061, die um 13:10 Uhr mit dem E 1963 herauf kam. Ich hatte mir inzwischen auf einem Hochplateau einen 1a-Späherposten ausgesucht. Unmittelbar dahinter begann ein Riesenviadukt, das sich über das ganze Tal spannte. Daran schloss sich ein kurzer Tunnel an.

023 021 + 051 441 vor Dg 6746 bei Schwäbisch Halll

023 021 + 051 441 vor Dg 6746 bei Schwäbisch Hall

Den Fotoapparat stets schussbereit gab ich erst einmal dem Knurren meines Magens nach und schob mir eine Stulle hinter die Kiemen. Kaum war ich damit fertig, kündigte sich ein Güterzug durch einen kurzen Pfiff an. 023 021 und 051 441 erschienen mit einem 102-achsigen Güterzug im Tunneleingang udn rollten über das Viadukt auf meinen Standort u. Mehr als drei Aufnahmen konnte ich leider nicht machen.

Eben wollte ich befriedigt meine Fototasche schließen, als plötzlich 023 005 und 044 339 mit einem Güterzug die Steigung herauf donnerten. Nur meiner Reaktionsgeschwindigkeit ist die folgende Aufnahme zu verdanken.

023 0205 + 044 339 vor Dg 7228 bei Schwäbisch Hall

023 0205 + 044 339 vor Dg 7228 bei Schwäbisch Hall

Danach war wieder etwas Luft. Zwanzig Minuten später kam 215 059 vor P 3721 herauf. Da ich anscheinend zu viele Aufnahmen gemacht hatte, fotografierte ich sie auf Diafilm. Wichtiger war wieder die 023 061, die abermals zwanzig Minuten später, um 14:19 Uhr mit dem E 1964 aus Crailsheim kam.

Nach einer Pause von vierzig Minuten ging es wieder Schlag auf Schlag: 14:45 Uhr 051 410 vor Ommi-Zug aus Schwäbisch Hall-Hessenthal, 14: 53 Uhr 052 580 vor Dg aus Crailsheim, 15:06 Uhr 052 888 + 050 112 vor Dg aus Crailsheim, 15:17 Uhr 051 540 vor Dg aus Heilbronn.

051 540-3 vor Dg 7209 bei Schwäbisch Hall

051 540-3 vor Dg 7209 bei Schwäbisch Hall

Laut meines grafischen Fahrplans musste jetzt der Zauber zu Ende sein. Ich verdrückte deshalb noch ein Stück Räucherbauch zusätzlich einiger Scheiben Schwarzbrot; dann machte ich mich auf den Rückweg nach Schwäbisch Hall.

Kurz bevor ich den Bahnhof erreichte, kam aus Richtung Crailsheim die 290 322 als Lz. Im Bahnhof selbst wartete ich erst noch einen Eilzug aus Heilbronn ab (ZLok 215 105), mit dem halb Schwäbisch Hall in Richtung Crailsheim fuhr, dann genehmigte ich mir eine Flasche Bier. Anschließend war sie mir jedoch nicht vergönnt, denn schon nach dem ersten Schluck fuhren draußen 215 005 und 044 557 vor einem Lr aus Crailsheim ein. Trotz beschleunigten Leerens der Flasche hatte man die Doppeltraktion bei meinem Erreichen auf dem Bahnsteig schon getrennt.

023 012 vor P 3736 bei Waldenburg (Strecke Schwäbisch-Hall - Heilbronn)

023 012 vor P 3736 bei Waldenburg (Strecke Schwäbisch-Hall – Heilbronn)

Um 16:50 Uhr fuhr ich mit dem P 3736, der von der 023 012 gezogen wurde, weiter nach Heilbronn. Unterwegs begegneten uns zahlreiche Güterzüge und Personenzüge, was mich öfter zum fotografieren aus dem fahrenden Zug verleitete. Selbst wenn uns nichts entgegen kam konnte ich mich manchmal nicht zurückhalten, wenn in einer Linkskurve unsere brave 023 sichtbar wurde.

Bei der Ankunft in Heilbronn stand die Sonne schon sehr tief und das war gut so, denn mit dem Diafilm gelangen mir drei nicht zu verachtende Sonnenuntergangsaufnahmen. Zu meiner Verblüffung traf ich hier auch die 290 322 wieder, die, wie ich feststellte, erst am Tag vorher vom Aw Nürnberg abgenommen worden war. Ich notierte bis zum Einbruch der Dämmerung noch ein paar Nummern, dann machte ich mich auf die Suche nach einer Bleibe für die Nacht. Ich hatte die „Klitsche“ von unserem letzten Besuch noch in guter Erinnerung. Wir waren damals eigentlich recht zufrieden gewesen. Also steuerte ich den Gasthof „Weik“ an. Ich bekam ein Doppelbettzimmer zum Einzelbettpreis. Entweder hielt mich die Wirtin für so groß, dass sie annahm, für meine Länge würde höchstens die Diagonale zweier nebeneinandergestellter Betten reichen oder es war eben kein Einzelbettzimmer frei. Jedenfalls zog ich mich schon relativ früh in die Federn zurück, nicht ohne vorher drei Schweinsbratwürstl mit Kraut und Kartoffelstampf inkl. einer halben Bier in der Gaststube verdrückt zu haben.

Am nächsten Morgen klopfte es wunschgemäß Punkt sechs Uhr an die Tür. Ja – danke! Ich war aber schon vorher aufgewacht.
Die Sonne kam über das Dach des Nachbarhauses geklettert. Der 23. März sollte – ebenso wie der 22. – ein herrlicher Tag werden!
Späh- und Fotowetter! Ich machte mich startklar und erschien Punkt sieben Uhr marschbereit im Frühstücksraum, wo ich als erster Gast mein Frühstück einnahm. Danach erleichterte mich die Wirtin um 18,50 DM und entließ mich.

Logischerweise lenkte ich meine Schritte in Richtung Bahnhof, wo ich leider bis zu meiner Abfahrt mit dem E 1863 (!) nur eine Dampflok zu Gesicht bekam. Es war die altbekannte 023 033, die den 8:05 Uhr Personenzug nach Crailsheim übernahm.

7:58 Uhr – 220 060 „gab Saft“. Auf ging´s Richtung Lauda.
Der Morgennebel hing noch in den Tälern, kleine, verschlafene Örtchen huschten vorbei. Hin und wieder begegnete uns ein Zug mit einer – oder gar zwei – Dampfloks.

Morgenstimmung im Bw Lauda 064 136, 023 x, 023 032

Morgenstimmung im Bw Lauda 064 136, 023 x, 023 032

Lauda machte bei meiner Ankunft einen hervorragenden Eindruck. Gleich gegenüber vom Bahnhof ist das Bw, wo drei 23er vor sich hindösten, eine 064 (457) huschte emsig rangierend im Bahnhof umher. Kurz nach meiner Ankunft kam noch eine 064 (136) vor einem Üb aus Boseberg-Wölchingen. Später kam auch noch 023 032 mit einem Personenzug aus Mannheim an.
Irgendwann während meiner Tätigkeit auf dem Bf Lauda begegnete ich einem Ingenieur aus Mainz, der hier seine freien Tage knipsend verbrachte und der mir anbot, in seinem Wagen mit an die Strecke zu fahren. Das war natürlich ganz in meinem Sinne, denn, wie gesagt, der Schwerpunkt meiner Fotofahrt sollte auf den Streckenaufnahmen liegen.

Wir fuhren also bis nach Königshofen, wo sich die Strecken nach Osterburken und Crailsheim teilten und postierten uns dort geradewegs in der Gabelung, was sich als äußerst sinnvoll erwies. Besonders die Bad Mergentheimer (Crailsheimer) Strecke hatte es in sich und bot viele Möglichkeiten zu guten Streckenaufnahmen von 23ern und 50ern.

051 028 fährt mit Tender voraus von Lauda nach Weikesheim

051 028 fährt mit Tender voraus von Lauda nach Weikesheim

Nachdem um 13:35 Uhr die 023 061 mit einem Personenzug in Richtung Crailsheim gedampft war, wollte mein Fahrer zurück nach Lauda, um die 64er noch ein wenig beim Rangieren zu fotografieren. Ich fuhr mit, um nicht nach Lauda zurück latschen oder mit einem Zug fahren zu müssen, wenn ich auch noch ganz gerne auf den Personenzug aus Ulm (um 14:13 Uhr) gewartet hätte.

Die Idee meines Gleichgesinnten erwies sich aber als durchaus brauchbar, denn auch an der Nordausfahrt von Lauda bestand nicht nur die Möglichkeit die 064 457 bei ihrer Tätigkeit zu knipsen und zu filmen, es kam auch ab und zu mal eine 023 vorbei.

98 727 kalt abgestellt in einem verfallenen Schuppen des Bw Lauda

98 727 kalt abgestellt in einem verfallenen Schuppen des Bw Lauda

Auf dem Bahnhof traf ich später einen Eisenbahnfreund, der behauptete, in einem verfallenen Schuppen stünde die 98 727, mit der, wie ich mich erinnerte, vor nicht allzu langer Zeit eine Sonderfahrt von Würzburg nach Lauda durchgeführt worden war. Wir brauchten nicht lange zu suchen, da fanden wir sie ganz versteckt und außerordentlich schlecht fotografierbar. Trotzdem wagte ich ein paar Aufnahmen von dem sonderlichen Gefährt.

Als ich anschließend auf dem Bahnhof wieder den Ingenieur aus Mainz traf, bot mir dieser an, mit ihm nach Hause zu fahren, bei ihm zu übernachten, um dann am nächsten Tag allein an die Moselstrecke fahren zu können. Ich stand vor einem schweren Entscheid. Zeit hätte ich zweifellos gehabt, aber die Fahrkosten nach Koblenz und zurück nach Würzburg hätten vermutlich meine damaligen finanziellen Verhältnisse überstiegen. Deshalb musste ich dankend ablehnen, als er sich gegen halb sechs Uhr von mir verabschiedete. Ich hatte später noch die Gelegenheit, den Heizer R. G. kennenzulernen, bevor ich um 18:48 Uhr mit dem E 1864 (Zlok 220 015) nach Würzburg fuhr, wo ich in den E 1799 umstieg. Dieser Zug (110 240) fuhr aus mir unbekanntem Grund eine Viertelstunde später ab, die aber von unserer schneidigen 110, und zwischen Bamberg und Lichtenfels, von der 118 038 wieder aufgeholt wurde. Die Mühe erwies sich aber als vergeblich, denn unser Zug musste sage und schreibe 35 Minuten in Lichtenfels auf den verspäteten Münchener Eilzug warten.

001 180 Stativaufnahme in Lichtenfels

001 180 Stativaufnahme in Lichtenfels

Ich nutzte die Gelegenheit, um von der 001 180, die unseren Zug in Lichtenfels übernahm, einige Stativaufnahmen zu machen. Der einzige Vorteil der Verspätung (neben den Stativaufnahmen): in Kulmbach musste ich nur eine halbe Stunde auf den Bus nach Mainleus warten.

Die größte Spähfahrt seit Bestehen des Pfiff-Klub „Köf“ Crailsheim – Heilbronn – Tübingen – Ulm 31.08.1971

Alle reden vom Wetter – wir nicht! Trotz des regnerischen Wetters am 30.08.1971 ließen wir, Hans und ich, uns nicht von der geplanten Spähfahrt abhalten. Und das war gut so. Während der drei Tage hatten wir außerordentlich gute Lichtverhältnisse.

31.08.1971, ein Dienstagmorgen, 4:30 Uhr „Rrrrrring!* *grummel grummel* „Gähn!* Nur eine bevorstehende Spähfahrt bringt einen Eisenbahnfanatiker um diese Zeit schon auf die Beine. Gepäck und Proviant waren, dank der Vorbereitung am Abend vorher, startklar. Eine Tasse Kaaba (der Plantagentrank zu 3,33 DM) – *gluck gluck* – und ein Butterbrot, dann ging´s los zum Mainleuser Hauptbahnhof. Richtig los ging es erst um 5:21 Uhr, als nämlich der „Späherzug“ unser Kaff verließ. Der Verlauf der Fahrt, die übrigens völlig reibungslos vor sich ging, d. h. ohne versäumte Anschlüsse, und die Nummern unserer Zuglok sind aus dem TFP ersichtlich. Die dort auch vermerkte 086 aus Unterbibert-Rügland bekamen wir tatsächlich zu Gesicht (Dank der Pünktlichkeit der 110 004-9). Es handelte sich um die uns völlig unbekannte 086 201, die das erste Opfer unserer Fotoapparate wurde. Viel Zeit hatten wir nicht in Nürnberg und fast hätten wir wegen meiner Schwachköpfigkeit den E 1656 verpasst. (mehr …)

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