Alle reden vom Wetter – wir nicht! Trotz des regnerischen Wetters am 30.08.1971 ließen wir, Hans und ich, uns nicht von der geplanten Spähfahrt abhalten. Und das war gut so. Während der drei Tage hatten wir außerordentlich gute Lichtverhältnisse.
31.08.1971, ein Dienstagmorgen, 4:30 Uhr „Rrrrrring!* *grummel grummel* „Gähn!* Nur eine bevorstehende Spähfahrt bringt einen Eisenbahnfanatiker um diese Zeit schon auf die Beine. Gepäck und Proviant waren, dank der Vorbereitung am Abend vorher, startklar. Eine Tasse Kaaba (der Plantagentrank zu 3,33 DM) – *gluck gluck* – und ein Butterbrot, dann ging´s los zum Mainleuser Hauptbahnhof. Richtig los ging es erst um 5:21 Uhr, als nämlich der „Späherzug“ unser Kaff verließ. Der Verlauf der Fahrt, die übrigens völlig reibungslos vor sich ging, d. h. ohne versäumte Anschlüsse, und die Nummern unserer Zuglok sind aus dem TFP ersichtlich. Die dort auch vermerkte 086 aus Unterbibert-Rügland bekamen wir tatsächlich zu Gesicht (Dank der Pünktlichkeit der 110 004-9). Es handelte sich um die uns völlig unbekannte 086 201, die das erste Opfer unserer Fotoapparate wurde. Viel Zeit hatten wir nicht in Nürnberg und fast hätten wir wegen meiner Schwachköpfigkeit den E 1656 verpasst.
7:38 Uhr – *twiet!* – ab! – *rrrong* (221).
Ankunft in Crailsheim: leichter Regen – trostlos – eine verschrobene 023 rangiert auf dem Südteil des Bahnhofs. Wir warteten. Eine der wichtigsten Eigenschaften, die ein Lokspäher ahben muss, ist die Geduld. Das Warten wurde belohnt. Nach einer Viertelstunde hörte der Himmel auf zu weinen, eine 044 setzte sich vor einen Güterzug, den Hans sich vorknöpfte. Die 023 002 kam vor einem Personenzug, der von mir unter Beschuss genommen wurde. Danach schlossen wir unsere Tasche mit den Kleidungsstücken in ein Schließfach und machten uns (nur mit der Späherausrüstungstasche) auf den Weg zum Bw, das keineswegs so schwer zu erreichen war, wie es uns Peter geschildert hatte. Noch weniger problematisch war das Erhalten einer Erlaubnis zur Besichtigung. Ein Zettel, halb so groß und kompliziert wie in Hof, zwei Unterschriften und wir konnten uns in den Bw-Anlagen herumtreiben.

023 072-2 rangiert Tender der 023 070 zur Bekohlung, wo die Vorräte entfernt werden.
(leider hat das Fotogeschäft die falsche Aufnahme abgezogen, so dass man nicht den Vorgang des “Entkohlens” sieht.
Wir gingen systematisch vor: „Freiluftschnuppern“ – Bekohlungsanlage – Wasserkran – zwei ausgemusterte 023 – Lokschuppen und dann nochmal zur „Freiluftdrehscheibe“ (wenn ich bloß den Fachausdruck kennen würde). Wieso soll ich alles im Detail schildern? Loks, Loks und nochmal Loks. Qualm, Rauch, Dampf, Ruß – ein Duft für die Nase eines Dampflokfanatikers. 023, 044, 050, 051, 052, 053 in bunter Reihenfolge.
*Klick klick klick* (5 Sekundenausschnitt von unseren Fotoapparatgeräuschen). *Surr* tat es leider nicht, da meine Filmkamera strickt streikte. Besonders ulkig war der Anblick einer 023 mit zwei Tendern. Einer gehörte ihr, der andere der beim Lokschuppen abgestellten 023 070.
Im Laufe unseres Aufenthalts wurden die Kohlevorräte vom zweiten Tender entfernt.

044 557-7 – kalt – wird mittels Seilwinde auf Drehscheibe gezogen – Bw Crailsheim
(leider wurde auch hier die falsche Aufnahme abgezogen, weshalb die Seilwinde nicht zu sehen ist.)
Im Bw Crailsheim erlebten wir auch zum ersten Mal, wie eine kalte Lok mittels Seilwinde auf die Drehscheibe gezogen wurde. Da der Lokschuppen unmittelbar an der Strecke Crailsheim – Schwäbisch Hall – Hersenthal liegt, konnten wir „so nebenbei“ auch Streckenaufnahmen machen, als eine 023 vor einem Personenzug und eine 044 vor einem „gesalzenen“ Güterzug vorbei donnerten.
Am Schluss unseres Bw-Besuches verharrten wir noch ca. eine halbe Stunde auf dem Holzsteg, über den wir das BW erreicht hatten und unter dem alle Loks vom oder ins Bw fuhren.
Es war um die Mittagszeit und kein Mensch glaubt, was da für ein Betrieb herrschte. Unsere Rücklatschung zum Bahnhof wurde unterbrochen, als wir zwei 50er abfahrbereit vor einem Güterzug erspähten und auf einem vermutlich illegalen Weg die Bahnanlage betraten, um sie zu knipsen, als sie wenig später in Richtung SHA donnerten.
Auf dem Bahnhof hatten wir noch etwas Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges (der außerdem 10 Minuten später eintraf). Da erlebten wir etwas Sonderbares: eine 044, die aus Richtung Nürnberg (oder Lauda) mit einem Dgm angekommen war, wurde Tender an Tender mit einer 50er zusammengekoppelt, beide setzten sich an das Ende des Zuges und drückten ihn in Richtung SHA aus dem Bahnhof. Zuvor waren die Personenwagen ebenfalls an das Ende des Zuges umgestellt worden.
Ungefähr um 14:20 Uhr kam endlich der E 1654, „gerappelt voll“, so dass wir nur einen Stehplatz bekamen (Pech gehabt? Nein! – keine Platzkarte!). Jedenfalls wartete in SHA noch brav die 023 039 vor dem Eilzug nach Heilbronn, so dass der Anschluss hinhaute. Die Strecke von Crailsheim nach Heilbronn weist einige erhebliche Steigungen auf. Zwei Güterzüge begegneten uns, jeweils in Doppeltraktion gefahren.
In Heilbronn angekommen, machten wir schnell ein paar Aufnahmen von unserer Zuglok, bevor diese ins Bw „tschunkte“. Was nun? 15:45 Uhr! Jetzt trat das Blatt „Dampfgeführte Reisezüge in Heilbronn“ in Aktion. Nächster Dampfzug: 16:28 Uhr. Naja ward mer hald! Langweilig wurde die zeit keineswegs, da auch die DRdDB nicht 100%ig zuverlässig sind. Eine 023 wurde nämlich schon um 16 Uhr bereitgestellt und dampfte mit Tender voraus aus dem Bahnhof. Danach verlief alles wieder planmäßig. Wir konnten noch zwei 64er, einige 23er und eine 50er knipsen. Mit der 50er hatte es auch nicht seine Richtigkeit, denn laut DRdDB sollte es sich um eine 050Kab handeln. Natürlich fuhr eine 50er mit Normaltender an den Zug. Um 17:15 Uhr war eine kleine Lücke im „Dampffahrplan“, was wir ausnützten, um uns zu verdünnisieren und ein Quartier für die Nacht zu suchen. Als wir vor dem Bahnhof standen, knobelten wir erst einmal, in welche Richtung wir unsere Schritte lenken wollten. Die Wahl fiel auf links. Also los! nach ca. 800 Metern entdeckte ich in einer Seitenstraße einen Gasthof. „Neckartal“ hieß er, glaube ich. Wir zögerten. Nachdem wir uns „ausgezögert“ hatten, wartete Hans mit dem Gepäck – ich betrat die Bude. Aber ein Blick genügte mir, um zu erkennen: „Nee – nichts für uns!“ Das ganze Gastzimmer saß voll Ausländer und selbst der Wirt war ein Grieche. Nichts gegen Fremdländer, aber ein ganzes Nest? Nein.
200 Meter weiter sahen wir in einer Nebenstraße gleich drei Gasthöfe. Einer hatte geschlossen, der kam sowieso nicht in Frage. Die anderen beiden verglichen wir erst einmal anhand ihrer Speisekarten. Da aber die Wiener Schnitzel sich nicht im Preis unterschieden, hatten wir wieder die Qual der Wahl.
Wieder wartete Hans, während ich den Gasthof „Weik“ betrat. Doppelbett-Zimmer 30 DM pro Nacht inkl. Frühstück. Nicht gerade billig, dafür aber teuer. Trotzdem nahmen wir an. Und wir betraten es nicht. Zuvor durften wir uns erst einmal als Bergsteiger betätigen – das Zimmer (Nr. 33) lag im dritten Stock – aber beim Eintreten waren wir angenehm überrascht. Ich glaube bestimmt, dass die 30 Märker gerechtfertigt waren. Wir richteten uns erst einmal ein, wuschen den Ruß von unseren Gesichtern und ruhten uns einen Moment aus. Dann gingen wir in die Gaststube und speisten zu Abend.: Leberkäse, Pommes Frites, Zwiebeln, Salat (Portion 3,40 DM) und jeder natürlich ein Bier. Kaum waren wir fertig, da drängte Hans auch schon zum Aufbruch.
Mit zwei Stativen, den Kameras und dem Tonbandgerät latschten wir um 19:30 Uhr wieder zum Bahnhof. Hans betätigte sich dort als Tontechniker, während ich überwiegend „stativte“. Nachts ist es bekanntlich auf dem Bahnhof besonders interessant. Wir erwischten drei Doppeltraktionen und auch einige „leckere“ Sachen. So gegen 23 Uhr ,achten wir uns gähnend auf die Socken zu unserer Unterkunft. Dort war schon alles dunkel. Zum Glück hatte mir der Wirt außer dem Zimmerschlüssel auch einen für die Haustüre gegeben. 23:15 Uhr war es, als wir unser (schönes) Zimmer betraten. Hans wollte kurz danach noch ein Bier in der Gaststätte trinken, aber die war seit 23 Uhr geschlossen. Grummelnd begnügte er sich mit einem Glas Wasser. Wir waren an jenem Abend redlich müde, weshalb schon kurz nach der Besteigung der wunderbar weichen Betten sägende Geräusche den Rum erfüllten (*chrrr … chrrr …*).
01.09.1971 – 6:15 Uhr: *rrrrrriiiiiinng!* Verflucht! *gähn* „Raus aus den federn! Schlafen können wir zuhause auch!“ – Aber es dauerte doch eine Weile, bis wir uns von den weichen Federn trennen konnten. Das Wasser lief fließend (sehr geistreich) warm und kalt aus der Leitung – allmählich wurde man wach. Ein Blick aus dem Fenster: relativ tristes Wetter, aber das sollte sich ändern.
Zunächst begaben wir und in die Gaststube, um das frühstück einzunehmen: zwei Kännchen Kaffee, 5 Brötchen (dividiert durch 2=?, von denen Hans drei und ich zwei verdrückte (das muss ganz einfach gesagt werden), Butter, Marmelade, Streichkäse. Um ganz genau zu sein: Milch und Zucker fehlten auch nicht (obwohl ich ja den Kaffee schwarz trinke, d. h. ohne Milch, nicht, ohne zu bezahlen). Also gestärkt rüsteten wir uns um 7:30 Uhr zum Aufbruch zu neuen Taten. Die Morgenkellnerin, eine Griechin, hielt uns fast für Zechpreller, als wir mit unserer Spähertasche die Treppe herunterkamen, denn sie fragte: „Ihr gestern zahlen?“
Als ich ihr sagte, dass wir abends wieder kämen, was sie auch sofort kapierte, meinte sie zufrieden: „Ah – gut!“
An jenem Morgen stand ein Besuch im Bahnbetriebswerk Heilbronn auf dem Plan. Zunächst trieben wir uns noch eine Weile auf dem Bahnhof herum, dann machten wir uns auf die Suche. Unterwegs kaufte ich noch zwei Filme (wir hatten nämlich einen enormen verbrauch an Filmmaterial und mehr als zwei hatte der Käsladen nicht von „unserer Sorte“), bevor wir wieder einmal mit vorzüglichem Scharfsinn die Pfade des Bw fanden.
Der übliche Gang zur Lokleitung, die wir allerdings erst nach zweimaligem Fragen erreichten, zwei Unterschriften und wieder einmal hatten wir freie Hand.
Eine 023 sah vorwitzig aus dem Lokschuppen: sie musste als erste dran glauben. Dann postierten wir uns eine Weile an der Drehscheibe, bevor wir getrennt das ganze Bw durchstreiften. Im Gegensatz zu Crailsheim gibt es im Bw Heilbronn keinen „Freiluftschuppen“. Die ruhenden Loks stehen völlig verstreut auf den vielen Gleisen und qualmen vor sich hin.
Vier ausgemusterte Loks (2 064 und 2 50er)standen herum – von zwei 38ern, die unseren Angaben zufolge „z“ stehen sollten, war keine Spur zu entdecken. Tja – an Einzelheiten gibt es nicht allzu viel zu schildern. Lok auf Lok kam ins Bw, wurde bekohlt und dampfte wieder davon. Dampf … Rauch … Qualm … Ruß – 023, 044, 050 – 053, 064.
Ab und zu stank es nach Diesel, wenn eine 211, 212, 215 oder 220 kam, aber ansonsten: echter Dampflokduft!
Bevor wir das Bw verließen, durchstreiften wir noch den Lokschuppen, wo ich einige Stativaufnahmen machte. Dann ging´s zum Bahnhof zurück.
Unterwegs kaufte ich noch Proviant (10 Brötchen, 200g Leberkäse, 2 Knoblauchwürste, 4 Gurken) und Hans besorgte sich drei Filme. Wir hatten noch etwas Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges; so konnten wir uns noch drei 023 vornehmen. Die laut Plan fällige 064 ar durch eine 023 mit Tender voraus ersetzt.
Um 12:35 Uhr ging´s gen Stuttgart. Einen Sitzplatz hatten wir zwar nicht, aber die Fahrt durch das schöne Neckartal war trotzdem nicht zu verachten. Das Eindrucksvollste der ganzen Fahrt waren die Gleisanlagen in Stuttgart, die auch die in Nürnberg übertrafen. Stuttgart ist bekanntlich ein Sackbahnhof, was das Nummern notieren erleichterte, aber wir hatten nicht viel Zeit.
Bei der Einfahrt hatten wir eine 163 gesehen, aber die kam leider nicht in den Hauptbahnhof. Um 12:39 Uhr setzten wir die Fahrt fort – nach Tübingen.
Große Augen machten wir, als in Bempflingen, eine Station vor Metzingen, die 078 246 vor einem Bauzug stand. *Ssssssschht!* – vorbei. Die Zeit war zu kurz, um vom Zug aus zu knipsen. Wir machten uns aber berechtigte Hoffnungen, dass sie im Laufe des Nachmittags einmal nach Tübingen kommen würde. Fast ebenso verwundert waren wir, als in Reutlingen die 064 094 – vermutlich mit einem Übergabezug von Tübingen – rangierte.
14:40 Uhr – Ankunft in der Universitätsstadt. Was war los auf dem Bahnhof? Nichts! Jou wergli!? („Fliegst gleich raus, gelt? Schließlich rangierte die 333 071!). Also gut: auf dem Bahnhof war einiges los; trotzdem machten wir uns sofort auf den Weg zum Bw, der uns ja bekannt war: über die Autobrücke, die Allee hinunter – über den Holzsteg.
Ein Blick vom Steg in Richtung Bw: so viel Betrieb wie beim letzten Besuch war nicht. Aber immerhin – was rauchte und vor allen Dingen: es 38erte noch.
Das Versteck der Lokleitung war uns auch inzwischen vertraut. Ganz so freundlich wie beim letzten Mal war der Empfang allerdings nicht: ein ziemlich mürrischer Mensch erlaubte uns brummend, außerhalb der „Halle“ zu fotografieren, dieselbe aber nicht zu betreten. Immerhin – in der „Halle“ stand sowieso nur eine 50er, die gerade ausgewaschen wurde.
Auf los ging´s los – die Panne mit dem ausgehenden Filmmaterial passierte mir diesmal nicht. Obwohl nur drei 38er anwesend waren, wurden wieder einmal riesige Mengen (nicht Unmengen) an Filmen verschossen. Zwei 38er mit Kastentender – eine mit Wannentender, eine 50er und – ach ja, die hatte ich vergessen: 064 518 stand ebenfalls im Schuppen. Sie wurde während unseres Aufenthaltes von der Wt 38er (637) aus der „Halle“ gezogen und davor irgendwo hingestellt.
Zur E-Lok und ET-Abteilung des Bw gingen wir, als wir uns halbwegs satt geknipst hatten. Dort schrieben wir natürlich auch alle Nummern auf und ich machte sogar ein paar Aufnahmen.
Interessanter war wieder der Lokfriedhof, wenn auch nur 038 626 und 791 und zwei Wannentender abgestellt waren. Anschließend postierten wir uns in der Nähe der Bekohlungsanlage, da zwei Züge mit 50ern aus Richtung Horb und Aulendorf eingefahren waren und die Loks wenig später ins Bw kamen. Eine davon war überraschenderweise die 052 839-8 des Bw Rottweil mit Normaltender!
nach diesem Ereignis trat Ruhe im Bw ein. Wir hatten langsam genug und machten uns auf den Rückweg zum Bahnhof. Angehalten wurden wir noch von der 051 559, die plötzlich mitten im Bw fürchterlich zu qualmen anfing.. Nach mehreren Aufnahmen trollten wir uns, obwohl sie schier überhaupt nicht aufhören wollte.
Als wir gerade auf dem Steg waren, fuhr die 038 637, die schon längere Zeit vorher das Bw verlassen hatte, vor einem Personenzug nach Horb ab. Sie entwischte uns ebenso wenig wie eine 50er, die unmittelbar darauf in Richtung Balingen dampfte.
Wir latschten weiter – so nebenbei machte ich eine Meisteraufnahme von der rangierenden 333 071 – latschten über die Autobrücke und was dampfte da feuchtfröhlich heran? Die 078 246 kam ins Bw. Abteilung rechts um! Marsch zurück!
Zeit hatten wir noch und so konnten wir die 078 noch zigmal beim Wasserfassen „beschießen“. Dann zogen wir zum zweiten male aus dem Bw. Auf dem Steg „vernaschten“ wir schnell mal die 052 839, die bereits wieder vor einem P nach Horb zurückfuhr.
Im Bahnhof angekommen, löschten wir unseren unsäglichen Durst erst einmal mit einem Bier (pro Nase natürlich): ein halber Liter Aufspülwasser zu 1,10 DM. Was trinkt man nicht alles, wenn man am Verdursten ist!
Kurz nachdem wir wieder auf dem Bahnsteig waren, kam die 038 772, um einen Personenzug nach Horb zu bringen. Ausgerechnet wieder die! Aber das hinderte uns nicht am fotografieren. Um 18:03 Uhr haute sie ab. Es dauerte nicht lange, da folgte die nächste erfreuliche Begebenheit. Wir beobachteten gerade eine 144, die vor einem Expr den Bahnhof verließ. Beim Hinausfahren gab sie die Sicht frei auf einen Personenzug nach Balingen – Zuglok: 078 246! *Klick … klick … klick …!* Kein weiterer Kommentar. Selbst vom Zug aus, in den wir dann stiegen, um nach Heilbronn zurück zu fahren, machte ich noch eine letzte Aufnahme. Dann knallten die Schaltstufen der 110 230 (wie willst denn des wissn; mir worn doch im letzdn Woong!) und wir zischten in Richtung Stuttgart. Dort hieß es wieder umsteigen, wenn wir nicht in Basel Bad Bf landen wollten. Es war inzwischen schon dunkel – schnell ein paar Nummern notiert, kurz danach ging es weiter nach Heilbronn. Ankunft 20:49 Uhr.
Wer glaubt, wir hätten uns nun todmüde zu unserem Gasthof geschleppt, der ist gewaltig auf dem Holzwege. Nach dem Motto „nachts ist es auf dem Bahnhof am interessantesten!“ und der logischen Tatsache: „Schlafen können wir zuhause“, blieben wir wieder bis 23:10 Uhr auf dem Bahnhof. Wieder konnten wir drei Doppeltraktionen vor Personenzügen erleben (023 + 023, 216 + 023, 220 + 023) und mehrere schöne Stativaufnahmen machen. Diesmal betätigte ich mich größtenteils als „Tontechniker“. Wie gesagt: erst kurz nach 23 Uhr fiel uns ein, dass wir ja für 30 DM ein Zimmer gemietet hatten, was wir ja zumindest ein paar Stunden zum Schlafen ausnützen wollten.
Im Gasthof sahen wir keine Seele mehr, als wir, seltsamerweise keineswegs todmüde, die übliche Kletterpartie zum 3. Stock unternahmen. Erst um Mitternacht begannen im Zimmer Nr. 33 des Gasthof „Weik“ in Heilbronn zwei Eisenbahnfanatiker zu träumen – von 23ern, 44ern, 50ern, 78ern … Loks!
02.09.1971 – 6:15 Uhr ………??………. (kein *rrrrring*). Dem Wecker hatte ich an jenem Morgen schon vorher „das Maul gestopft“, da ich vor ihm aufgewacht war. Dennoch: diese herrlichen welchen Betten! Nur noch fünf Minuten und noch fünf … Jetzt aber raus! So gegen 7 Uhr traten wir zum Frühstück fassen an: zwei Kännchen Kaffee …. usw. … 5 Brötchen (dividiert durch zwei= 2,5!). Ich bestand diesmal auf meinen gerechten Anteil. Eigentlich hätte ich ja diesmal drei verdrücken sollen, aber dann wäre Hans womöglich verhungert. Alles nicht so einfach, wenn man´s doppelt nimmt.
Nach dem Frühstück bezahlte ich (kalt lächelnd) unsere Übernachtungen. Dann packten wir unsere sieben Sachen und gingen … gingen – wo gingen wir doch gleich wieder hin? Ach ja: zum Bahnhof („seltsamerweise“). Dort hatten wir noch 1 1/2 Stunden Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges, was keineswegs Langeweile verursachte. Es war derartig viel los, dass ich nicht weniger als 41 Aufnahmen machte. Eine rangierende 64er, 23er, 44er, eine weitere 64er und zwei Güterzüge mit Doppeltraktion verursachten wieder einmal eine Knipswut, die sich erst wieder legte, als die 117 120 den E 1861 an den Haken nahm und wir um 9:17 Uhr wieder einmal die Stuttgarter Richtung ansteuerten. In Stuttgart selbst „wimmelte“ es von E-Loks der Baureihe 103.1. Drei Stück standen sozusagen auf einem Haufen. Um 10:18 Uhr fuhren wir zum ersten Mal während unserer Spähfahrt in einem D-Zug. Der D 563 bestand aus 11 Wagen und der Zuglok 110 394-4. Besonders gespannt waren wir natürlich auf die berühmte „Geislinger Steige“ zwischen Geislingen und Amstetten. Unsere Erwartungen wurden noch übertroffen, als es so weit war. Mit Bravour meisterte unsere brave E 10 die enorme Steigung. Ich schätze, dass sie die Geschwindigkeit von 50 km/h halten konnte. Zu sagen wäre noch, dass die Strecke Stuttgart – Ulm außerordentlich stark befahren ist.
Ca. alle 5 Minuten begegnete uns ein Zug. Meist Güterzüge.
11:23 Uhr Ankunft in Ulm. Schnell eine Aufnahme von unserem D-Zug, dann schweifte der Blick nach links: 210 005 stand da. Selbstredend machten wir ein paar Aufnahmen. So sehr fressen wir uns nicht auf Dampfloks fest, zumal ein Korrespondent gerne ein negativ von dieser Baureihe will. Ach die 103 153, die vor einem F-Zug aus Richtung Stuttgart kam und den D 563 hier überholte, fotografierte ich zweimal. Gegen 12 Uhr kam ungefähr der Moment wo der Affe ins Wasser sprang: würden wir das Glück haben, eine 003 vor dem Personenzug nach Aulendorf (Ulm ab: 12:18 Uhr) zu erleben?
– Wir hatten es; genau wie auf der ganzen Spähfahrt vorher. Zur genannten zeit kam 003 131-0 aus dem Bw und setzte sich vor den P 3327. naja, was soll ich sagen. Wir knipsten, wie man eben knipst, wenn man eine neue Baureihe erwischt: auf Teufel komm raus!
Vom Lokführer (Kreutler) bekam ich ein paar Bremszettel. Sein Heizer bat uns um einen Abzug von einer Aufnahme, wo er zu sehen ist. ich fotografierte ihn und seinen Lokführer speziell deshalb noch einmal.
12:18 Uhr dampfte sie(die 003 121) dann, nachdem sie von uns – und auch von anderen Eisenbahnfreunden – gebührend aufs Korn genommen worden war, in Richtung Aulendorf.
Nun machten wir uns auf den Weg zum Bw, den uns ein Eisenbahnfreund in Tübingen in etwa beschrieben hatte. Trotzdem gehörte eine gute Spürnase dazu, gleich auf Anhieb dorthin zu gelangen. Schwieriger wurde es allerdings bei der Suche nach der Lokleitung. Nach einigem erfolglosen Herumglotzen fragten wir einen Eisenbahner, der zufällig gerade zur Lokleitung ging und uns freundlicherweise dorthin führte. Wer hätte gedacht, dass man erst durch beide (Diesel- und Dampf-) Lokschuppen gehen muss! Aber – um es kurz zu machen – die Erlaubnis zur Besichtigung erhielten wir ebenso leicht wie in Crailsheim: eine Adressangabe, zwei Unterschriften und schon konnten wir beginnen, das Bw systematisch zu durchstreifen.
Wir begannen beim „Diesellokfreiluftschuppen“, wo unter Unmengen von Dieselloks die 098 812 ohne Schilder, aber tadellos angestrichen stand – mit der Aufschrift „Eigentum der Ulmer Eisenbahnfreunde und Museumsbahn … e. V.“. An die Dieselloks schlossen sich drei ausgemusterte Dampfloks an: 003 248, 003 179 und eine 50er, deren Nummer durch keinerlei Hinweis herauszubekommen war. Neben diesen Loks stand auf einem Güterwagen die 251 901-5.
Im Diesellokschuppen entdeckten wir ebenfalls unter Unmengen von Dieselloks (vor allem 215) – die 003 281. Getrennt von ihrem Tender stand sie ohne Triebstangen zwischen 215 080 und 215 039 – ein Opfer der Verdieselung. Vor ihr versperrte die 381 022 (!) das Schuppentor.
Im Dampflokschuppen „lungerten“ sechs 50er herum, von denen drei kalt waren und gerade repariert wurden.
An den Dampflokschuppen schloss sich der „Dampflokfreiluftschuppen“ an, wo außer sieben 50ern die 003 276-3 unter Dampf stand. Sie wurde natürlich am öftesten „beschossen“.
Wir hielten uns etwa eine Stunde bei den Dampfloks auf, lediglich als die 381 022 die 251 901 auf ihrem Güterwagen in den Diesellokschuppen zog, war Hans zur Stelle. Ansonsten hielten wir uns, wie gesagt, bei den Dampfloks auf und beobachteten den betrieb an der „Dampf-Drehscheibe“.
Was mir besonders auffiel, waren die niedrigen Nummern der 50er: 050 014, 019, 045, 112, 319, 350, 566…
Außerdem fiel auch hier, wie schon in Crailsheim und Heilbronn, auf, dass nur sehr selten eine 50er mit Kabinentender zu sehen war, wogegen sie bei uns die eindeutige Mehrheit darstellten.

Szene im Bw Ulm, v.l. Tender der 050 603, 003 276-3, 023 005-2, Tender der 051 760, Tender der 003 281
Kurz vor unserem Abmarsch kam endlich eine 23er ins Bw. Es handelte sich um die 023 005, die sich günstigerweise neben die 003 276 stellte. Ungefähr um 14:30 Uhr trollten wir uns aus dem Bw. Von einer Brücke aus machte ich noch eine Gesamtaufnahme, dann eilten wir zum Bahnhof. Dort angekommen verbleiben uns noch 20 Minuten bis zur Abfahrt unseres Zuges. In Anbetracht unserer ausgetrockneten Hälse war nun erst einmal eine Trinkpause angebracht. Hans wollte unbedingt in den Wartesaal, was sich als Schnapsidee erwies. Nachdem wir zehn Minuten von Kellnern umschwirrt worden waren, von denen aber keine daran dachte, uns zu bedienen, zogen wir es vor, uns am Erfrischungsstand ein paar Dosen Bier und ein Pfund Äpfel zu kaufen und diese dann im Zug zu konsumieren.
Kaum waren wir auf dem Bahnsteig, als 003 276 aus dem Bw kam, um einen Eilzug in Richtung Aulendorf zu übernehmen. Zwei letzte Aufnahmen von ihr und noch zwei von einer 23er, die kurz danach vorbeifuhr; dann setzten wir uns in den E 1910, der mit der 215 078 bespannt war. 15:18 Uhr ging es los – Richtung Crailsheim, über Giengen / Brenz, Heidenheim, Aalen. Ulm entschwand ….
Unangenehm überrascht waren wir über den Dieselgestank, der während der Fahrt in den ersten Wagen drang (wo wir ja normalerweise Platz zu nehmen pflegten). Zwischen Ulm und Aalen sahen wir immerhin drei 50er, eine 23er und zwei 211.
In Aalen gab es zwei Überraschungen: der ganze Bahnhof und noch ein Teil der Strecke Richtung Crailsheim waren elektrifiziert. Was uns aber weit mehr erstaunte, war die Tatsache, dass drei 78er dort rangierten, obwohl wir gedacht hatten, es gäbe dort längst keine mehr. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich vielleicht einen längeren Aufenthalt in Aalen eingeplant. Ich konnte zwar alle drei (078 256, 410 und 164) vom Zug aus mehr oder weniger gut knipsen (Hans zwei), aber es wäre doch mehr Zeit angebracht gewesen.
Schon ging es weiter.
Ankunft in Crailsheim 16:50 Uhr. Wir erwischten noch 044 686 und 023 033, bevor wir um 17 Uhr mit dem Anschlusszug, dem D 751 nach Nürnberg fuhren. Einen Sitzplatz hatten wir zwar nicht, aber das war uns im Grunde genommen egal. Aus irgendeinem Grunde erhielten wir ca. fünf Minuten Verspätung (vermutlich wegen Las), weshalb wir die 086 nach Markt Erlbach nicht mehr im Bahnhof Nürnberg Hbf erwischten. Hans sagte mir später, sie sei uns in einem Vorort von Nürnberg begegnet. Wegen der Verspätung hatten wir in Nürnberg so gut wie keine Zeit mehr uns umzusehen. Um 18:13 Uhr zog die 118 054 unseren Eilzug nach Bamberg. In Fürth/Bay stand noch der Personenzug nach Markt Erlbach mit der 086 534. Ich machte trotz der bereits sehr mäßigen Lichtverhältnisse noch eine Aufnahme.
In Bamberg war während der 40 Minuten Aufenthalt, besser gesagt: Übergangszeit, leider so gut wie gar nichts los.
Die 220 001 brachte schließlich den E 1885, der von der 001 202-1 übernommen wurde. Es war natürlich längst stockdunkle Nacht, was eine Momentaufnahme unmöglich machte. Zum ersten mal seit der Fahrt von SHA nach Heilbronn fuhren wir wieder mit Dampf.
In Lichtenfels war wegen der Dunkelheit kaum etwas zu erkennen – jedenfalls hängte sich dort eine „Klette“ an unseren Zug (der übliche 624 (645 / 924 431 / 624 646)). Mit ein paar Minuten Verspätung keuchte unsere 001 aus dem Bahnhof. Als wir in Burgkunstadt noch mehr Verspätung wegen der Gepäckabfertigung bekamen, hatten wir ernste Befürchtungen, dass uns unser Anschlusszug in Kulmbach schon vor Kulmbach begegnen würde. Aber das Glück, das uns auf der ganzen Spähfahrt begleitet hatte, blieb uns bis zur letzten Minute treu. Mit dem 624 647 (924 435, 624 648)der uns am 31.08.1971 von Mainleus nach Lichtenfels gebracht hatte, fuhren wir von Kulmbach in unseren Heimatort zurück.
Die größte und erfolgreichste Spähfahrt ging damit zu Ende, dass Hans auf dem Nachhauseweg noch einmal zurück rannte und die 001 126-2 vor dem De 5798 als letzte Nummer des Tages „erspähte“.