Weil´s immer wieder interessant ist: Am 16.04.1971 – 3. Spähfahrt nach Weiden (mit Abstecher nach Grafenwöhr)
Fast wäre sie im Sande verlaufen, die dritte Spähfahrt nach Weiden. Das hing ganz einfach damit zusammen, dass wir nicht wussten, was in Grafenwöhr bei der „Lok-Abarbeitung“ stand. Aus zuverlässiger Quelle jedoch wussten wir, dass bereits zu Beginn der Osterferien (03. – 19.04.) 086 705 und 001 039 in Hof abfahrbereit zum erwähnten Ort waren. Bei jedem Zug aus Richtung Hof fragten wir, ob sie noch „oben“ stünden, aber stets kam die Antwort: Ja, die schdänga nuch drum!“. Der Lokführer des P 2826 am 15.04.1971 teilte uns endlich mit, dass die beiden Loks von einer V60 fortgeschafft worden seien. Nun hieß es schnell disponieren: Zahnarzttermin am 16.4. absagen, Vorbereitungen treffen (Worscht und laabla eikaafn), am Abend des 15.04. noch nach Kulmbach trampeln (nicht: trampen!), um Peters Stativ zu holen (der war übrigens krank (angeblich), hätte aber auch im gesunden Zustand (in dem er sich ja wohl befand) nicht mitfahren können, da wir an einem Freitag die Spähfahrt starteten).
Jedenfalls:052 991-7 zog den P 2805, als wie am 16.04.1971 Mainleus verließen. In Kulmbach musste Hans während des 5-Minuten-Aufenthalts erst los spurten und Fahrkarten besorgen (schließlich bezahlt man ja nicht von Mainleus nach Kulmbach, wenn man eine Schülermonatskarte besitzt). Wegen des strahlenden Sonnenscheins konnte ich inzwischen (um 6:30 Uhr bereits!) eine Aufnahme von unserer braven 50er machen. Lokführer Weiß hörte interessiert zu, als ich von unserem Vorhaben berichtete (er behauptete, nebenbei bemerkt, in Coburg führen noch zwei 86er). Nun gut, wollen wir uns nicht in Einzelheiten festfahren.
Die Fahrt ging weiter (logisch!?).
In Neuenmarkt stiegen wir um. Alles war noch beim Alten: eine 211 (diesmal die 189) beförderte den aus zwei Garnituren bestehenden Zug P 2652 nach Bayreuth. Bei der Einfahrt spähte Hans angestrengt nach vorne, um mir schließlich mitzuteilen, dass uns diesmal nur eine 64er erwartete. Nur eine? Was heißt hier: nur eine? 64er bleibt 64er! Basta! Wer zwei sehen wollte, brauchte ja nur ins Bahnhofslokal zu gehen und ein paar Bierchen heben ;-). Aber ich komme vom Thema ab. 415 war die schöne Nummer unseres Bubikopfes. Allein in Bayreuth verschoss ich 8 Aufnahmen an ihr. Zeit genug dazu hatten wir ja. Genau eine dreiviertel Stunde. Dann dampfte sie los, unsere 64er, mit dem P 4478. In Kirchenlaibach: drei 44 im Bw, mindestens sieben 50er, ein einsamer Kabinentender, Dampf, Qualm. Das alles erspähten wir zwischen einer Reihe Güterwagen hindurch, während eines Aufenthaltes von einer Minute. Weiter ging´s auf die Rennstrecke. Vielleicht kommt´s mir auch immer nur so vor, aber bis weiden entwickelte unsere 64er wieder ein Höllentempo. Ankunft in Weiden. Schnell noch eine Aufnahme von unserem Zugpferd, bevor es zum Bw fuhr.
Dann sahen wir uns erst einmal um. 051 725 stand abfahrbereit vor einem Güterzug, verdeckt allerdings durch einen Personenzug. 1 1/2 Stunden verbrachten wir erst auf dem Bahnhof. Der Grund dafür waren 218 011 + 217 012 vor dem E 1801, 217 725 vor D 858, 044 667 in bestem Zustand und die schon genannte 051 725, die mit ihrer Abfahrt schier ewig auf sich warten ließ. Circa um 10:40 Uhr begann der gang zum Bahnbetriebswerk.
Ich muss sagen, wir strebten unserem Ziele nicht nur schwitzend wegen der Hitze, sondern auch mit gemischten Gefühlen zu. Jeder dachte noch an den Skandal vom letzten Male. Naja… Der Weg war uns inzwischen vertraut. Herrn Zahn hatten wir um Erlaubnis zu bitten.
Im Betriebsgebäude – Treppe rauf – Gang links – zweite Tür rechts – breit offen – keine Spur von Herrn zahn oder seinem Stellvertreter. Treppe wieder runter – warten.
Es dauerte vielleicht fünf Minuten bis Herr… Herr … – na jedenfalls der Stellvertreter kam. Wir trugen unser Anliegen vor. Das Bw Weiden hat so viele Besucher pro Jahr, dass uns der junge Mann auch dieses Mal nicht wieder erkannte. Er suchte zuerst jemanden, der mit uns herumgehen hätte könne, fand aber eigenartigerweise niemanden. Ich sage „eigenartigerweise“, da im Bw dermaßen viele Arbeiter und Lokführer herumstanden und anscheinend nichts taten, dass man glaubte, Weidens Bahnangestellte würden streiken. Aber was geht´s mich an? Der junge Mann führte uns bis kurz vor die abgestellten Loks und sagte, dort könnten wir mit dem Fotografieren anfangen. Dann verschwand er wieder. Wir begannen mit unserer Arbeit. Um es kurz zu machen:
Im einzelnen waren abgestellt: 064 031 (knallrot angestrichen, warum wohl „z“?), 064 367, 050 228, 051 058, 053 032 und 053 036. Nicht so viele wie beim letzten mal, aber immerhin genügend, um 14 Aufnahmen zu verschießen (ich jedenfalls). 053 032 (Unfalllok) stand ohne jegliches Anzeichen auf eine Nummer da. Lediglich durch ein paar am Rad eingestanzte Ziffern konnten wir sie identifizieren.
Als wir schließlich mit den z-Lok fertig waren, sahen wir uns in einer Zwickmühle. Herr Zahns Stellvertreter hatte uns verlassen mit den Worten: „So, dort hinten können´s jetzt anfangen zu fotografieren!“ Wären wir nun wieder allein in den Lokschuppen gegangen, so hätte uns vielleicht dasselbe wie beim letzten Besuch passieren können.
Um das zu vermeiden, suchten wir nochmals nach ihm. In seinem Zimmer war auch jetzt niemand, weshalb wir wieder vor der Lokleitung warteten. Ein Mann, der uns schon bei den z-Loks gefragt hatte, ob wir angemeldet seien, sprach uns an. Ihm trugen wir die Situation vor und er führte uns zu einem gewissen Herrn Müller (möchte bloß wissen, warum mir der Name so bekannt vorkommt), dessen Funktion im Bw mir zwar nicht mehr in Erinnerung ist, von dem er aber vermutete, dass er uns begleiten könnte, was sich auch als richtig erwies. Herr Müller fragte, welchen Schuppen wir sehen wollten.
Im Tenderlokschuppen, den wir uns zuerst vornahmen, standen 064 497, 393, 424 (kalt, offene Rauchkammertür), 389, 448, die ausnahmsweise mit dem Vordrteil zum Tor herausragte, 295 (kalt), 355, 006 und unsere schon bekannte 415. Den schon beim letzten Besuch abgestellten 44er-Tender trafen wir auch wieder an.
nach dem Aufschreiben aller Nummern und nach fünf Stativaufnahmen wandten wir uns dem großen Schuppen zu.
Beim betreten desselben stellten wir fest, dass man, ohne zu übertreiben, von den Loks kaum mehr sah als bei dichtestem Nebel. Einen derartigen Qualm hatten wir tatsächlich noch nie in einer Lokhalle erlebt. Aber das konnte uns nicht stören. Im Gegensatz zu unserem letzten Besuch jedoch herrschte hier reger betrieb, so dass ich fast nach jeder Stativaufnahme eine oder zwei Aufnahmen bei der Drehscheibe machen musste. Hans schrieb, dass ihm die Finger krachten und konnte aber an der Drehscheibe besser fotografieren, da er nicht durch ein Stativ behindert war.
Geduldig beobachtete Herr Müller unser Treiben und gab bereitwillig Antworten auf Fragen, die wir ihm stellten. Er bestätigte, dass es sich bei der nummernlosen Lok um die 053 032 handelte.
Im großen Schuppen standen im Einzelnen: 044 582, 051 425 (glänzend in form), 051 198, 044 667, 050 745 (Bw Schwandorf), 052 821, 052 975, 051 804 und 001 229. Als wir auch hier mit unserer Arbeit fertig waren, schenkte ich Herrn Müller drei Bilder und versprach, ihm noch ein paar Lokschuppenaufnahmen zu schicken, da er stets wegen des Lichtmangels skeptisch gewesen war.
Beim Verabschieden bot er uns an, in seinem Namen in der Kantine für wenig Geld einen Kaffee oder einen Sprudel zu trinken, was wir aber dankend ablehnten, um auf dem Bahnhof so wenig wie möglich zu versäumen.
Kurz nachdem wir dort ankamen, fuhr der D 145 mit der 217 019 (44x) ein. Wer beschreibt unser Erstaunen, als aus de, Führerstandsfenster Lokführer Wodan herausgrinste, der zusammen mit noch einigen Lokführern auf Dieselloks umgeschult wurde. Auch nach Abfahrt des D-Zuges wurde uns die Zeit bis zur Abfahrt unseres Zuges um 13:20 Uhr nicht lange. 064 293 kam vor einem kurzen
Güterzug, 218 007 hielt mit einem Eilzug, 044 544 schlich mit einem Güterzug in den Bahnhof, 064 497stellte sich mit unserem Zug bereit, 001 229 legte sich vor den P 2207 nach Marktredwitz und in letzter Minute kam endlich die Lok für den Personenzug nach Eslarn: 064 006. Förmlich im letzten Augenblick hasteten wir in den P 4487, den die schon genannte 064 497 beförderte. In Pressath hieß es umsteigen in denBbahnbus (DB 27 268) – „Einfach nach Grafenwöhr“ – „80Pf“ – ab! Kurz vor Grafenwöhr kam einem wieder das prickelnde Gefühl, nicht nur weil die Sonne unbarmherzig herunter brannte und im Bus eine nicht gerade angenehme Temperatur entstehen ließ sondern auch weil man Pullover und Anorak am Leibe trug.
Nun war die Sicht frei, zwei Augenpaare sahen in dieselbe Richtung – nur zwei Loks und zwar 086 705 und 001 039 (ohne Tender!) Wehe wenn wir nicht gewartet hätten! So blieben uns wenigstens die zwei.
Nach dem Bushalt in Grafenwöhr begann wieder der Gewaltmarsch zur Schrottfirma. Latschen durch die Straßen der Stadt, die ermüdend schwere Reisetasche, Pullover, Anorak, sengende Hitze, keuch! – Endlich! Schrott! Die Firma hatte sich inzwischen eine riesigen Portalkran angeschafft. Scheint gut zu gehen, das Geschäft. Jedenfalls gingen wir zuerst wieder in die anliegende Wiese und machten ein paar Schnappschüsse.
Dann betraten wir das Firmengelände.
Eine 86er war bis auf den Rahmen und die Achsen bereits zerstört. Den Arbeiter, der daran herum schweißte, fragten wir, ob wir ein wenig fotografieren und ein paar Schilder abschrauben könnten. Wegen der Aufnahmen hatte er keine Bedenken, aber wegen der Schilder zuckte er nur mit den Achseln. Wir gingen dennoch hin zu den Loks und nach ein paar Untersuchungen stellten wir fest: bei der 001 039 waren höchstens ein paar Bodenklappen-Schildchen und das „Zuglaufschild“ zu holen, dagegen war bei der 086 705 noch alles dran. So etwas hatten wir überhaupt noch nicht gesehen. Alle vier Nummernschilder, drei davon allerdings mit weißer Farbe durchgestrichen, beide DB-Schilder, „Zuglaufschilder“, geschriebene BD und Bw-Schilder und auf dem Führerstand außer dem Geschwindigkeitsschild noch alles Erdenkliche. Wir konnten uns nicht zurück halten. Das vordere, leider durchgestrichene Nummernschild sollte unser erstes Opfer werden. Zwei Schrauben hatten wir bereits gelöst, als ein Arbeiter auftauchte, eine zeitlang meckerte und wieder verschwand. Kurze Zeit später kam wieder so ein Störenfried. Diesmal aber ein ernst zu nehmender. Er behauptete glatt, die Schilder bräuchten sie. Nachdem wir uns erst ein paar Minuten mit ihm herum gestritten hatten, stiegen wir von der Lok, fotografierten eine Lok (051 797), die gerade vom Lager kam und trollten uns. Von wegen! So schnell warfen wir die Flinte nicht ins Korn. Wir gingen zum Chef ins Büro. Wie auch schon beim letzten Besuch zeigte er Verständnis für unser Anliegen. Er kam selbst mit zum Schrottplatz und erklärte seinen Arbeitern, dass er mit unserem Vorhaben einverstanden sei. Es stellte sich heraus, dass ein Arbeiter, offenbar der Störenfried, lediglich das DB-Schild haben wollte. Nun hatten wir freie Hand. Alles, was unseren Schraubenschlüsseln nicht standhielt wurde abmontiert.
Pech hatten wir nur insofern, dass unsere größten Schlüssel um einen Millimeter zu klein waren, sonst würden wir heute von der 086 705 alle vier Schilder (nicht nur eins) besitzen und auch die Wasserstandsskala. Aber auch sonst war unser, teilweise unter furchtbaren Anstrengungen durchgeführtes Abmontieren, sehr erfolgreich.
Während unserer Arbeit kam auch 051 428 vor einem Dgm, außerdem fanden wir zwei Pressplattenschilder: „Lok 050 032 vom Bw Schwandorf nach Bf Grafenwöhr mit Hg 25 km/h“.
Als wir fertig waren, schleppten wir all den „Krempel“ in den Warteraum des Bahnhofs Grafenwöhr. Die Wasserleitung am Abort funktionierte diesmal, so dass wir uns zumindest notdürftig die mit Ruß und Öl verschmierten Hände reinigen konnten. Wir verdrückten unsere restlichen „Worschtlaabla“ bei zwei Flaschen Bier, die Hans aus dem nahegelegenen Gasthaus heranschleppte. (Ich habe vergessen zu erwähnen, dass wir die ersten Worschtlaabla nach unserem Bw-Besuch in Weiden auf dem Bahnhof verdrückt hatten. Das dürfte noch von Interesse sein).
Nachdem wir wieder einigermaßen fit waren, fiel mir ein, dass ich ein Handrad vergessen hatte. Als Fotograf getarnt gelang es mir, es zu holen. Es stammte zwar nicht von der 086 705 oder der 001 039, aber es ist doch zu wertvoll zum liegenlassen. Danach kauften wir unsere Fahrkarten. Der Schalterbeamte war sichtlich erfreut über die enorm Einnahme von 90 Pfennigen, denn außer uns fuhr niemand mit dem Schienenbus (795 447, 995 151), der uns um 17:40 Uhr nach Pressath brachte.
Dort hätten wir uns vielleicht besser reinigen können, wenn der Schlüssel zum WC nicht beim Aufsichtsbeamten zu holen gewesen wäre. 051 376 fuhr zu unserer Überraschung an einem kurzen Güterzug aus Richtung Kirchenlaibach ein. Um 18:11 Uhr kam unser P 4491 mit der 064 389. Ich schoss eine Aufnahme von de Lok, dann machten wir´s uns im Zug so bequem wie es ging. In Kirchenlaibach hatten wir 28 Minuten Aufenthalt. Während Hans auf unsere Beute aufpasste, schoss ich noch ein Foto und machte ein paar Tonbandaufnahmen, als die 64 453 den P 4684 aus Marktredwitz brachte, den 064 270 übernahm. Auch das „Atmen“ der 064 389 hielt ich ein paar Minuten lang auf Band fest.
Um 19:04 Uhr ging´s weiter nach Bayreuth, wo ich bei; besser gesagt nach der Ankunft, noch eine Tonbandaufnahme der 064 389 machte, als sie vom Zug fuhr. Wir sahen beim Wasserfassen und Drehen zu und als sie wieder auf ihrem Zug stand, konnte ich sie noch zweimal mit Stativ fotografieren, bevor uns der P 2652 (624) wieder in heimatliche Gefilde brachte. Die letzte Überraschung des Tages war, dass die 211 310 des Bw Schwandorf in Neuenmarkt vor einem Eilzug stand. 20:40 Uhr war es, als Mainleus uns wieder hatte.
Liste der am 16.04.1971 erworbenen Lok-Erinnerungsstücke:
Nr. | Gegenstand (Schild) | von Lok Nr. |
1+2 | 086 705 , Grafenwöhr, Hg km/h (Holzschilder) | 086 705 |
3+4 | 050 032 vom Bw Schwandorf nach Bf Grafenw. (Presspappschild) | 050 032 |
05 | Steuersungsskala | 086 705 |
06 | Letzte Untersuchung 26.4.59 (Nächste 19.6.70) | 086 705 |
7+8 | Zwei Schilder: Bw Hof (geschrieben) | 086 705 |
9+10 | Zwei Schilder: BD Regensburg (geschrieben) | 086 705 |
11 | Schildchen: Untersucht 11.68, Angebaut 1.69 (vom Turbogenerator) | 001 039 |
12 | Schildchen: Sicherheitsventil (beschädigt) | 086 705 |
13 | Druckausgleichkolbenchieber | 086 705 |
14 | Schildchen: Strahlpumpe | 086 705 |
15+16 | O und Z (vom regler) | 086 705 |
17 | offen – zu vordere Luftklappe | 086 705 |
18 | auf – zu hintere – vordere Bodenklappe | 086 705 |
19 | Es ist verboten: Das Nässen… | 086 705 |
20 | Schieber hinten, Schieber vorn … | 086 705 |
21 | Nummernschild der 086 705-1 | 086 705 |
22 | Handrad (auf – zu) | ? |
23 | Ovales Schildchen (Vereinigte deutsche Metallwerke, Abteilung Haroot) | 086 705 |